Ab dem 1. Januar 2015 beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte des Stadtverkehrs in Neumünster. Die VHH übergibt den Busbetriebshof in Neumünster zum Jahreswechsel an die Stadtwerke. Wir blicken zurück auf spannende Jahrzehnte…

 

VHH übergibt den Busbetriebshof in Neumünster an die Stadtwerke

Am 1. Juli 1956 begann die Ära der heutigen Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) in Neumünster. Die VHH, die durch die Vorgängergesellschaft Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn AG (BGE) selbst bereits auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken kann, hatte vor 58 Jahren den Stadtverkehr vom Busunternehmen Glau & Habild übernommen. Über Jahrzehnte hinweg sorgten VHH-Busfahrer*innen dafür, dass Fahrgäste in Neumünster sicher und pünktlich zur Arbeit, zur Schule oder zum Sport kommen.

Ab 1981 waren die Stadtwerke Neumünster mit im Boot. Sichtbar wurde das durch die türkisfarbenen Omnibusse, die in den 1980er Jahren das Hamburger Rot ablösten. Seitdem liegt die Konzession in der Hand der Stadtwerke, die VHH-Fahrer*innen fuhren für die SWN im Auftrag. Beinahe 60 Jahre gute Zusammenarbeit: Darauf kann man mit Stolz zurückblicken!

 

Die Chronik des Nahverkehrs in Neumünster

1920

  • Die „Kraftverkehrs-Gesellschaft NORDMARK“ eröffnet am 1. August 1920 die erste Kraftomnibuslinie von Neumünster nach Bornhöved. Inoffiziell werden schon ab 2. August erste Fahrten im Stadtverkehr zwischen Hauptbahnhof und Südbahnhof durchgeführt. Am 18. August folgt die behördliche Genehmigung.
  • Am 10. September übernehmen die „Städt. Kraft- Wasser- und Verkehrswerke“ (heute SWN) den Stadtverkehr mit zwei Akkumulatorenbussen. Der Betrieb wird während der Inflationszeit mehrfach unterbrochen und schließlich 1926 wegen Unrentabilität eingestellt.

 

Wagen I, der erste Stadtbus der Elektrizitäts-und Wasserwerke passiert auf dem Weg zum Südbahnhof den Kuhberg. (Foto: Stadtarchiv Neumünster)

Wagen I, der erste Stadtbus der Elektrizitäts-und Wasserwerke passiert auf dem Weg zum Südbahnhof den Kuhberg. (Foto: Stadtarchiv Neumünster)

 

1926

  • Der Stadtverkehr wird von der „Flensburger Automobil-Betriebs-Genossenschaft“ übernommen, die 1928 in „Allgemeine Flensburger Automobil-Betriebs-Gesellschaft“ (AFAG) und 1930 in „Allgemeine Kraftfahrzeug-Betriebs-Gesellschaft“ (AKB) umfirmiert.

 

1932

  • Die AKB geht in Konkurs. Der Busverkehr wird vom „Stadtverkehr Neumünster M. Peters“ übernommen.

 

1945

  • Nach schweren Bombenangriffen wird der Stadtverkehr eingestellt und ruht bis zum Herbst. Von der britischen Besatzungsmacht wird im Oktober der „Stadtverkehr Neumünster Glau & Habild“ mit der Betriebsdurchführung beauftragt.

 

Omnibus des VHH-Vorgängers „Glau & Habild“ auf dem Bahnhofsvorplatz in Neumünster. (Foto: Hans-Ludolph Schleier)

Omnibus des VHH-Vorgängers „Glau & Habild“ auf dem Bahnhofsvorplatz in Neumünster. (Foto: Hans-Ludolph Schleier)

 

1956

  • Nach langwierigen Rechtsstreitigkeiten muß „Glau & Habild“ den Verkehrsbetrieb abgeben. Die Stadtlinien werden der Stadt Neumünster zugesprochen, die die VHH mit der Betriebsdurchführung beauftragt. Die VHH übernimmt daraufhin am 1. Juli den Stadtverkehr Neumünster.
  • Im August werden den Fahrgästen in Neumünster die ersten neuen Omnibusse des Typs Daimler-Benz O 321 H vorgestellt, die bald den Wagenpark verjüngen.
  • Im September verfügt die VHH in Neumünster bereits über 7 neue Wagen. Auf den Hauptlinien wird ein 30-Minuten-Takt vorgesehen. Auffälligste Änderung zum Fahrplanwechsel ist die Einführung von Liniennummern zwischen 51 und 61.

 

Mit neuen schwarz-roten Omnibussen geht die VHH 1956 in Neumünster an den Start. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

Mit neuen schwarz-roten Omnibussen geht die VHH 1956 in Neumünster an den Start. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

 

1957

  • Zum Sommerfahrplan übernimmt die VHH Neumünster den Ortsverkehr Bordesholm von der Firma „Werner Gram“.

 

1958

  • Die Linien nach Innien und Bordesholm sowie der Ortsverkehr Bordesholm werden abgegeben. Neu hinzu kommen Linien nach Heidmühlen – Wahlstedt, Bad Bramstedt über Großenaspe und Bad Bramstedt über Hasenkrug.
  • Im Wagenpark hat die VHH mittlerweile 25 neue Fahrzeuge eingesetzt. Sechs Wagen stammen noch von „Glau & Habild“, darunter drei neuwertige Busse, die mit dem VHH-Standard mithalten können.

 

1961

  • Der Betriebshof Rosenstraße wird modernisiert und erhält ein neues Sozialgebäude und eine automatische Waschanlage.

 

1962

  • Im Frühjahr wird der größte Teil des Wagenparks gegen neue Omnibusse des Typs Magirus-Deutz Saturn II ausgewechselt. Die neuen Busse sind erstmals mit Funkgeräten ausgerüstet.
  • Das Neubaugebiet Haartkoppel wird durch eine neue Linie Böcklersiedlung – Friedhof an das Busnetz angeschlossen.

 

VHH-Busse auf dem Neumünsteraner Bahnhofsvorplatz. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

VHH-Busse auf dem Neumünsteraner Bahnhofsvorplatz. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

 

1964

  • Die Linie nach Boostedt kommt von der Firma „M. Peters“ zur VHH. Dafür fährt Peters jetzt im Auftrag der VHH nach Bad Bramstedt.

 

1966

  • Ein besonders reger Werkverkehr wird im Auftrag der Maris-Bekleidungswerke durchgeführt. Die Werkbuslinien bringen die Belegschaften in die Betriebe an der Rendsburger Straße und neben der Holstenhalle.

 

1969

  • Ab Mai erscheinen neue Busse im Linienverkehr. Dabei handelt es sich um Daimler-Benz O 305 Standardbusse, die in wesentlichen Teilen von allen Fahrzeugherstellern gleichartig gebaut werden und so den Verkehrsbetrieben die Ersatzteilhaltung und Wartung erleichtern. Neu für Neumünster sind der doppeltbreite Einstieg, der Kinderwagenplatz und die gut erreichbaren Signalknöpfe, bei deren Betätigung nicht nur ein „Wagen hält“-Transparent unter der Wagendecke aufleuchtet, sondern auch noch eine Glocke ertönt.

 

Mit den ersten Standardbussen kam auch ein neues Farbschema, angeglichen an die Hamburger Farbgebung nach Neumünster. (Foto: Manfred Schwanke/ HOV)

Mit den ersten Standardbussen kam auch ein neues Farbschema, angeglichen an die Hamburger Farbgebung nach Neumünster. (Foto: Manfred Schwanke/ HOV)

 

1972

  • Das Neubaugebiet Gartenstadt II (Röntgenstraße) wird durch eine neue Buslinie erschlossen.

 

1974

  • Im November 1974 beginnt der Abriss des alten Bahnhofsgebäudes. Als Baulager für das neue Empfangsgebäude ist der unmittelbar davor liegende Busbahnhof vorgesehen, der zu diesem Zweck ab April 1975 gesperrt wird. Die Stadtbusse der VHH bedienen vorübergehend eine provisorische Haltestellenanlage hinter dem Behördenhochhaus.

 

1976

  • Es kommen neue Busse des ungarischen Herstellers Ikarus. Neumünster hat jetzt den einzigen Omnibusbetrieb der westlichen Welt, dessen Linienbus-Wagenpark fast ausschließlich von Ikarus stammt. Die nächsten zehn Jahre werden die Ungarn zum vertrauten Straßenbild gehören.

 

Ab 1976 dominieren die Busse des ungarischen Herstellers Ikarus für zehn Jahre das Straßenbild Neumünsters. (Foto: Lutz Bartoschek)

Ab 1976 dominieren die Busse des ungarischen Herstellers Ikarus für zehn Jahre das Straßenbild Neumünsters. (Foto: Lutz Bartoschek)

 

1977

  • Ab 1. Mai bedienen die Linienbusse wieder die Haltestellenanlage auf dem Bahnhofsvorplatz. Der Bad Segeberger Omnibusunternehmer Max Mietrach übernimmt die Linie nach Heidmühlen und fährt im Auftrag der VHH auf den Linien Wittorf – Hohrkamp und Böcklersiedlung – Flensburger Straße. Die Verkehrsbetriebe Kreis Plön übernehmen die Linie nach Tasdorf – Negenharrie.

 

1979

  • Ein neustrukturiertes Liniennetz tritt im Mai in Kraft. Der Wernershagener Weg erhält erstmals eine Busanbindung.
  • Zum Jahresende kündigt die VHH den Vertrag mit der Stadt Neumünster. Für 1980 wird ein Übergangsvertrag geschlossen, dessen wichtigster Passus die völlige Kostenübernahme durch die Stadt ist.

 

1981

  • Die Stadtwerke Neumünster übernehmen den Stadtverkehr, mieten die Busse aber weiterhin von der VHH an.

 

1983

  • Im Sommer und Herbst erhalten die Stadtwerke ihre ersten 10 eigenen Omnibusse vom Typ Daimler-Benz O 305. Entsprechend wird die gleiche Anzahl VHH-Busse aus Neumünster abgezogen.

 

Die ersten türkisfarbenen SWN-Busse ergänzen den roten VHH-Fahrzeugpark. (Foto: Lutz Bartoschek)

Die ersten türkisfarbenen SWN-Busse ergänzen den roten VHH-Fahrzeugpark. (Foto: Lutz Bartoschek)

 

1984

  • Die alten TIM-Fahrscheindrucker werden durch Blockfahrscheine ersetzt. Entwerter und Sechsfahrtenkarten werden neu eingeführt.

 

1985

  • Ab Sommerfahrplan stellt eine neue Linie die Verbindung mit Groß Kummerfeld her, das sich einen Anschluß an das Stadtbusnetz Neumünster gewünscht hatte.

 

1986

  • Im Februar werden die Ikarus 190 gegen neuere VHH-Busse des Typs Daimler-Benz O 305 ausgewechselt. Ursprünglich liefen 32 VHH-Wagen im Auftrag der SWN. 1986 stehen bereits 15 SWN-Fahrzeuge im Einsatz, so daß nur noch 17 Wagen der VHH ausgetauscht werden müssen.

 

1987

  • Eine neue Linie verläuft über Roschdohler Weg nach Einfeld. Eine Kleinbuslinie wird an Markttagen für die Bewohner des Seniorenheimes „An der Stör“ angeboten.

 

1988

  • Im März beginnt eine großflächige Umgestaltung der Innenstadt. Der 1956 erbaute ZOB auf dem Großflecken wird geschlossen.

 

1989

  • Ein neuer ZOB entsteht am Hauptbahnhof. Der alte 1952 erbaute Busbahnhof vor dem Bahnhofsgebäude wird abgerissen und die neue Anlage in die Bahnhofstraße zwischen Finanzamt und katholische Kirche verlegt.
  • Ruthenberg, das jüngste Neubaugebiet Neumünsters, erhält zum Winterfahrplan seinen Busanschluß.

 

1989 wird die neue Busanlage am Bahnhof in Neumünster in Betrieb genommen. (Foto: Lutz Bartoschek)

1989 wird die neue Busanlage am Bahnhof in Neumünster in Betrieb genommen. (Foto: Lutz Bartoschek)

 

1990

  • Ab jetzt gehört die Niederflurtechnik zum Standard bei allen neuen Omnibussen. Niederflurbusse haben keine Trittstufen mehr und erleichtern damit besonders älteren und behinderten Fahrgästen und Müttern mit Kinderwagen den Einstieg.

 

1993

  • Im Februar verläßt der (für die nächsten acht Jahre) vorerst letzte rote VHH-Bus Neumünster. Alle von der VHH Neumünster gefahrenen Stadtbusse gehören jetzt den SWN.

 

1995

  • Im August wird Wasbek in den Stadtverkehr integriert.

 

1997

  • Zum Fahrplanwechsel wird das Liniennetz weitergehend überarbeitet und die Ringlinie Brachenfeld – Ruthenberg in zwei eigenständige Linien getrennt. Die Linien zur Husumer Straße und nach Wernershagen werden dagegen zu einer neuen Ringlinie Faldera miteinander verknüpft.

 

1998

  • Zum Jahresfahrplan 1998/99 gibt es neue Liniennummern von 1 bis 13.

 

Neue Liniennummern im Stadtverkehr Neumünster. (Foto: Lutz Bartoschek)

Neue Liniennummern im Stadtverkehr Neumünster. (Foto: Lutz Bartoschek)

 

1999

  • Nach den Sommerferien wird die Schülerbeförderung der Gemeinde Groß Kummerfeld mit den Ortsteilen Willingrade, Kleinkummerfeld und Kleinkummerfeld-Bahnhof übernommen.
  • Neumünsters VHH-Busfahrer*innen ergreifen die Initiative und gründen im Herbst 1999 einen „Arbeitskreis Produktoptimierung Stadtbus Neumünster“. Zum Fahrplanwechsel im Sommer 2000 kann ein Teil ihrer Vorschläge umgesetzt werden. Die Fahrgäste honorieren die Bemühungen ihrer Busfahrer auf Anhieb durch eine häufigere Nutzung der Busse.

 

2001

  • Der Vertrag zwischen den Stadtwerken und der VHH wird neu verhandelt. Dadurch wird die Fahrzeugbeschaffung wieder in die Hände der VHH gelegt. Die ältesten SWN-Wagen werden durch neuere VHH-Niederflurbusse ersetzt. Die neuesten Modelle vom Typ „Citaro“ kommen in Neumünster zum Einsatz.

 

2004

  • Die SWN beschaffen in Neumünster Erdgasbusse.

 

2005

  • Der neue VHH-Betriebshof in der Rendsburger Straße nimmt den Betrieb auf.

 

2005 wird der neue Betriebshof an der Rendsburger Straße eingeweiht. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

2005 wird der neue Betriebshof an der Rendsburger Straße eingeweiht. (Foto: Sammlung Archiv VHH)

 

2007

  • Die VHH kann eine europaweite Ausschreibung des Stadtverkehrs Neumünster (Laufzeit bis Ende 2015) für sich entscheiden. Die Erdgasbusse in NMS gehen auf die VHH über.

 

2014

  • Zum Ende des Jahres zieht sich die VHH aus wettbewerbsrechtlichen Gründen aus Neumünster zurück.

Lutz Bartoschek

 


Lutz Bartoschek ist Autor und Experte für den ÖPNV in und um Hamburg. Sein Spezialgebiet ist der Busverkehr in Norddeutschland.